Gedichte

Scherzo

in Unrast flieht der Welt mein Hirn
und Stücke Wort und Bild verwirr’n
mein Herz o werd’s gestillt.
sich arglos liebend selbst verlier’n
und Glück sofort und wild verspür’n,
ein Scherz – und doch, es gilt.

vom Himmel hoch

So ein Fest der Liebe ohne Liebe ist bloß noch ein Fest
gefahrenes Ritual: beredt kommend, schweigsam zurück
so hab ich mir itzo das Hirn verstaucht
darob mein Stil: geschwollen
Aufatmen, ausatmen.
Kühlung hilft:
hoch lebe die Nachtspeicherheizung
3
mal
hoch

Am Telefon

ich höre dich
am Telefon
ganz nah an meinem Ohr
und wärst du nicht
am Telefon
ich stellte es mir vor
und dein Gesicht
am Telefon
das seh‘ nicht
kein Bild – nur Ton
verwunderlich
das Telefon
bringt eine Welt hervor

Wortfindungsstörung

ich hätt‘ so gern der Worte viele
um es zu benennen
und wenn mir eins sofort gefiele
würde ich’s verwenden
doch frag‘ ich mich allmählich
ob’s genügend Worte gibt
gefunden hab ich wenige
nur eins:
ich bin verlor’n

Auf Sand gebaut

ich spüre Dich auf meiner Haut
noch Stunden später, unverdaut
liegt all das Licht und dann: Verzicht
so kreuz und quer in meinem Ich
mit Zuckerguss auf Sand gebaut,
verwundert selbst mir zugeschaut
teils absichtlich und teils auch nicht,
gelegentlich in Angst, dass es zerbricht,
erwarte ich gelassen, müde, hungrig nun
den Spatenstich der Welt,
die mich verlassen kurz
und morgen wieder zählt

Wie wunderschön

wie wunderschön könnte die Welt
sein wenn sie mir gefiele!
das hab ich mir so vorgestellt
und hatte Pläne, Ziele
doch hab ich mir ein Bein gestellt
und hinke nun – und schiele
und ahn‘ es jetzt: was wirklich zählt
sind gar nicht die Gefühle

Anker

Und also laufe ich davon vor dem, was zwischen uns nicht ist.
Und Du läufst davon vor dem, was zwischen uns ist,
was seltsam erscheint,
weil da ja nichts ist außer dem Nichts
vor dem ich davon laufe.
Und also schleppe ich Zurückweisung mit mir herum wie so’n Anker
Doch Du bist kein Hafen und ich bin kein Schiff

Ich bin nur ein Dummkopf mit Schlagseite.

für immer 15

Manchmal weiß ich nicht was tun
wenn es so bliebe
für immer fünfzehn, was Dich angeht
Manchmal nachts weiß ich nicht wohin
mit dieser Liebe
die sinnlos wie ein Missgeschick
im Zimmer steht

verdorrt

Ach wär‘ die Welt und wir und das
doch bloß nicht gar so scheiße
dann wär‘ nicht immer Irgendwas
und trüge Dich hinfort
denn alles Schöne, Gute, geht
mit Dir dann auf die Reise
und ich sitz‘ hier im Blumenbeet
die Blumen, ach, die Blumen.

Zwei

Die Welt
und Ich
das sind eigentlich schon zwei
Manchmal gebe ich alles
um nicht mehr da zu sein
damit wir wieder eins sind
ich und die Welt
und trotzdem bin ich schuld
wenn es den anderen nicht gefällt

Ein Brückenschlag

für kurze Zeit
am Ziel
ich rede viel
ich seh‘ Dir zu
wir sind bereit
ein Spiel
nur mein Gefühl
nur ich und Du
die Welt zu zweit
ein Brückenschlag
die Fenster weit
weil ich Dich mag
ein neuer Tag
ein Augenblick
ein Atemzug
die Zeit steht still
hier stehe ich
und was ich will
bist Du

alle meine Kabel

Manchmal denk ich alle meine Kabel
die Schalter und die Knöpfe und die Lampen
beantworten letztendlich keine Fragen
die Neuen nicht und die nicht, die wir kannten
wenn die Töne sich im Zimmer stapeln,
die noch stets Musik zu sein verlangten,
bin ich schon bei Dir, ich lass sie warten –
die Schönen Starken. und die Schwachen Kranken.

eines Tages werd ich permeabel:
all die kleinen schüchternen Gedanken
könnt‘ ich eines Tages einfach wagen –
die Gargekochten. und die Angebrannten.
manchmal denk ich alle meine Kabel
die Schalter und die Knöpfe und die Lampen:
konnten sie mir niemals etwas sagen?
(das war schon so, bevor wir zwei uns kannten.)

Das Beet

wie jedes Jahr im holden Lenze
schwingt Amor wieder seine Sensedoch weiß ich genau,
die Frau
um die’s mir geht
wird, wenn sie geht,
was schon feststeht,
das Beet,
in das den Wahnsinn des Verliebten ich gesäht, mir lassen, doch verdreht, und ich,
von Amors Sense hingemäht, lern’s wieder hassen
doch zu spät.

Haussegen

Du bist mir viel und spendest Trost
so bleib ich kühl, wenn ich erbost
sein sollte, liebe Nüchternheit
Wenn um mich her der Seegang tost
hast Du mich fest im Griff und drohst
alternativ mit Selbstmitleid
Doch unter Deinem Regiment
werde selbst ich selbst mir etwas fremd
in Deinem blütenweißen Hemd
hab ich so manchen Sturm verpennt
und ist vorbei dann der Moment
wenn lichterloh das Dorf schon brennt
und alles in die Fluten rennt
so denkt, wer mich nicht besser kennt
dass der Haussegen gerade hängt

Dezember

Eine Schachtel Fluppen bei Tabakwaren Rita Knüppel
Schüchtern legt sich der erste Schnee auf die Straßen
Am Telefon bist Du ferner denn je
per Satellit zugeschaltet aus dem Meer der Ruhe
so tausche ich hastig und vorschnell
das wir sein gegen mich ein
als ob ich wüsste, wer das ist
und als ob ich eine Wahl gehabt hätte
bei Herbert Hindringer lese ich die Zeile vom Herz, so groß wie ein Postauto
Dabei bleibe ich so kühl, dass ich fast glaube die Kälte ist gar nicht das da draußen

Ein Pappenstiel

Nach Vorne? Nein. Und nicht zurück
auf einem Bein und Stück für Stück
seh‘ ich es ein: das bisschen Glück
ist bloßer Schein:
ein Schall und Rauch
so wird es auch
in Zukunft sein

Ein großer Stein in meinem Bauch
wird langsam kleiner und ich rauch‘
tagaus tagein, wie könnt‘ es auch
je anders sein:
Was mich entzückt
hat sich verdrückt
Na fein. Allein,

ich bin es leid, das dumme Spiel
der Einsamkeit. Will ich zu viel?
wieder so weit vom braven Ziel
– Geborgenheit –
Es ist vorbei
wie dem auch sei,
war schön zu zweit

Nun komme Zeit, das Einerlei
der Eitelkeit, und küss mich frei
(Die Zeit verzeiht und schweigt dabei)
Adieu zu zweit
Ein Pappenstiel
und doch so viel.
Es tut mir leid.

Wolkenlos

wolkenlos die Welt und schier gefroren ist die Zeit
bist so kurz nur da gewesen atemlos und schön
wollte bloß die Welt mit dir erobern und zu zweit
ein bisschen nur der liebe wegen hier und dort hin geh’n

Vermaledeit

Es tut mir leid
ich will dich seh’n
Vermaledeit
es war so schön
Jetzt rinnt die Zeit
die Tage zieh’n
dem Nichts geweiht
einfach dahin:
voll Einsamkeit
und Nikotin.
ich weiß Bescheid
und doch, ich bin
es manchmal leid
nur zu versteh’n
Vermaledeit
es wär so schön
mit Dir zu zweit
ein Stück zu geh’n.

Eigentlich

mein Leben läuft noch immer
neben der Spur
die Welt ist auf dem Zimmer
und ich bin auf dem Flur
warum bin ich geflüchtet
gewartet, taub und stur
hab ich uns vernichtet
stets
zu früh verzichtet
und stets zu spät bereut
das alles tut mir leid

auf Risiko gespielt
der Wunsch, alles zu setzen
Hals über Kopf geliebt
wollt‘ ich dich verletzen
stets zu spät bereut
das alles tut mir leid

was immer ich gesagt hab
was immer ich gemeint
ich hab nur immer wieder
eigentlich
dich gemeint

zu Dir laufen

die Dinge die ich hier so tu
sind alle nicht so schön wie Du
– und weißt du was mich hier noch hält?
Ich auch nicht. Hätt ich doch viel Geld:
dann würd ich darauf scheißen,
mir Beine auszureißen
um Töne zu verkaufen
und zu Dir laufen

Empirik

ich warte hier tagaus tagein
und wünsch mir anderswo zu sein
zu warten bis etwas geschieht:
ich ahne ja, dass das nicht zieht
bin rein empirisch interessiert
ob denn nicht doch mal was passiert
und siehe da, ich lerne was:
Empirik macht doch keinen Spaß

alte Horizonte

Dösend verbringe ich eine Zeit vor dem leeren Kühlschrank meines Lebens und frage mich warum.
Doch weder der Kühlschrank noch das Leben antworten mir.
Denn heißt es also alte Horizonte öffnen und zu abgegriffenen Taten schreiten.
Gelähmt von der allgegenwärtigen, vermeintlichen Gewissheit, dass sich letztlich nichts ändern lässt.
Zweifelnd verbringe ich eine Zeit vor dem vollen Aschenbecher des Lebens und frage mich.
All der unverdaute Quatsch im Hirn (und die Dateileichen) setzen an und halten inne.
Stockend verbringe ich eine Zeit vor dem Gästebuch meiner Tage. Soviel ist darauf verzeichnet, wenig nur erklärt; bezeichnet lückenhaft und: falsch.
Und weit entfernt die Möglichkeit, dort aufzuräumen, Worte setzen Schimmel an, Gefühle werden schal und dann, nur kurz und scheint‘s von selbst, ist alles neu
Wie das?

für Dich

für Dich
hab ich mit bloßer Hand
ein Haus
gebaut, stabil, auf Sand
gebangt,
ob es dem Sturme trotze
nur für Dich
jaja

macht wohl was

In der Küche rauchend lausche ich dem Rauschen der Welt
Dabei fällt mir auf, dass das scharfe Messer aufrecht an der Magnetleiste hängt
(nach Feng Shui sollte es herab zeigen)
Wird korrigiert.

Ich zweifle ein bisschen an uns
Dabei fällt mir auf, dass ich nicht so recht weiß, wer das ist
(Wir)
und dass kein Rhythmus in diesem Gedicht ist.

Aber ich finde das macht nichts.

Kalte Küche

kalte Küche, Nikotin
ich kuschel mit mir selbst
der Himmel grau, Stein und Benzin,
da draußen wird gebaut

wie Blütenblätter weiterzieh’n
gedämpft, weil Du mir fehlst
die meiner Küche Glanz verlieh’n
manchmal denk‘ ich laut

ich wollte vor mir selber flieh’n,
heilfroh, dass Du mich hältst
dort, wo ich schon gescheitert schien
-als toter Kosmonaut

würd‘ ich weiter Bahnen zieh’n-
doch seit Du mir gefällst
habe ich mir mir selbst verzieh’n
und fast hätt‘ ich’s geglaubt

Der Kreis

Der Kreis in dem sich alles dreht
was stets im Rohr krepiert
als Scheiße dann vom Wind verweht
gar Scheußliches gebiert
ich weiß, das hängt mir längst verdreht
zum Hals heraus und führt
nur dazu, dass es weitergeht
und scheinbar nichts passiert

die Krater in den Katakomben
werden nicht verschwinden
da helfen keine Autobomben
hilft nur, Dich zu finden
ich bin bei Dir vorbeigekommen
um es zu ergründen
doch hattest Du Dir vorgenommen
still Dich zu entwinden

das Schreiben bin ich leid und auch
das Warten und die Fragen
was bleibt ist so ein Stein im Bauch
den muss ich wohl ertragen
Die Zeit heilt alle Wunder, brauch
ich Dir wohl nicht zu sagen
So dreh ich mich im Kreis und rauch
mir Löcher in den Magen

Neues Jahr

ich weiß nicht wie das gehen soll
doch denk ich mir es wird
wenn ich Dich nicht mehr sehen soll
verzagt, verstockt, verwirrt
vor Sehnsucht müde, taub und blind
ich weiß es nicht, ich glaub ich find‘
mich irgendwie darein
im neuen Jahr allein

Pausen

lass uns einfach noch
eine Weile hier steh’n
war so einfach noch
bis hierher zu geh’n
ich weiß nicht ob ich’s will
passieren wird es eh
um uns die Nacht ist still
es tut auch nicht mehr weh

ich geh die Treppe hoch
sag noch Auf Wiedersehn
ich beiß‘ mir auf die Lippe doch
ich dachte ich kann widersteh’n

Erste Große Pause

die Ruhe ist dahin
Gelassenheit bis eben
und war so wunderschön
bedenkenlos zu leben
ich weiß, dass das nicht lange geht
und unten schon der Kummer
an der Haustürklingel steht
ich drücke auf den Summer

Er kommt die Treppe hoch
ich sag‘ noch ich muss geh’n
für eine Fluppe reicht es noch
ich will ihn nicht mehr seh’n
ich beiß‘ mir auf die Lippe doch
ich dachte ich kann wieder steh’n

Zweite Große Pause

Ahnungslos

ich sehne mich und weiß nicht mal wonach,
doch schätz‘ ich dass es deine Augen sind
versehentlich, so scheint es, geb ich nach
denn letztlich bin ich gerne taub und blind
man sagt, dass Liebe, alles das, banaler ist
als du und ich, ein jeder von uns meint
ich ahne das und bliebe lieber ahnungslos
im Glauben dass das leuchte was nur scheint

Wenn ich meine Augen schließe seh‘ ich Deine

Wenn ich selber mich vergesse und verneine,
Wenn ich grundlos, stumm und ohne Tränen weine,
und mein Dunkel sich verzehrt nach Deinem Licht.
Wenn ich selber öfter wüsste was ich meine,
Wenn ich rückwärts blind dahin zu treiben scheine,
und am Morgen weiß den Abend mag ich nicht.
Wär nicht Deiner Liebe Wärme hätt ich keine,
Wenn ich um die Häuser zieh für mich alleine,
seh ich stets im Augenwinkel Dein Gesicht.
Wenn ich meine Augen schließe sehe ich

Posse

die Hoffnung ist ein Gaukelspiel
und Liebe bloß ein Wort
und was da in mir vor sich geht
das ist mir selbst nicht klar
und doch begreif‘ ich schon soviel
dass nun für mich kein Ort
kein Zeitpunkt, Wille oder Weg
noch der ist, der’s mal war

doch welche unbekannte Macht
ich bin’s am ende selbst
sich diese Posse ausgedacht
dass du mir so gefällst

ich will garnicht dagegen an
und spür‘ schon ich bin drauf und dran
mich wieder zu verlieren
nun sagt mein letzter Rest Verstand
mir leise doch bestimmt das kann
der besten Hausfrau mal passieren

Puzzle

der größte Teil von mir ist stets bei Dir,
der Rest liegt noch im Bett,
ein kleiner Teil ist weg

ein bisschen Ich bleibt mir allein,
das Puzzle das ich bin liegt weit verstreut,
und könnt‘ ich niemals bei Dir sein,
das bisschen Ich wär‘ alles was mir bleibt

Große Dramen

ich will in grossen dramen des alltags spielen
dort, wo normalität die ausnahme ist
ich bin der tragische held mit grossen gefühlen
ich werd dich finden, wo immer du bist
denn ich bin gottes sohn, einer von vielen
mir ist bitterböses schicksal gewiss
doch bin ich auf schon, zu ferneren zielen
zu hellen stunden die man niemals vergisst

ich will in grossen dramen des alltags spielen
ich will die welt erschüttern und sie verstehn
ich will mit goldhandschuhen in der scheisse wühlen
ich werd dich finden, wer immer du bist
ich werd die sterne suchen, die vom himmel fielen
ich werd die brücken und die bombenkrater sehen
ich will wieder mit den feuergeistern spielen
ich hab dich immer so sehnlich vermisst

ich will in grossen dramen des alltags spielen
ich kann die wände nicht mehr spür’n noch sehn
und ich will ewiglich in deinen armen liegen
mit meinen händen dich berühr’n und vergehn
ich will die kinder dieser welt nur wieder lieben
ich will dorthin wo es am dunkelsten ist
ich werde sein und werde alles bekriegen
ich will dich rächen, dass du glücklich bist